Ruth Geedes
Der Wiesenblumenstrauß (Heitere ostpreussische Geschichten)

Vorbemerkung
Von Omi zu Weihnachten bekommen. Omi ist ja in Ostpreußen geboren und aufgewachsen, ehe sie der Krieg in den Westen verschlug. Und irgendwie ist da wohl immer die Sehnsucht nach etwas, das längst nicht mehr da ist oder nur aus der Erinnerung heraus so idyllisch nachschmeckt. Omi möchte eigentlich schon gern mal zurück, aber nicht wirklich. Was sicher besser ist, sonst würde sie sich viele Illusionen zerstören. Außerdem ist Omi schon bald 90...

Ich hatte von ihr schon einmal ein Buch mit ostpreußischen Gedichten geschenkt bekommen; mit Gedichten, die ihr die Tränen kommen ließen (vor Rührung) und bei denen ich die Krise bekam. Na gut, das sind zwei Generationen Unterschied... (Für die, die es tatsächlich wissen wollen: Es war ein Gedichtband mit Gedichten von Agnes Miegel. Nachdem ich 3 oder 4 der düsteren, schwülstigen – entschuldige, Omi! – Machwerke gelesen hatte, inspirierte es mich spontan, ihr gleichzutun: „In des Grabes dunkler Kühle, sehn‘ ich mich nach Sommers Schwüle, nach den heißen Tagen hin. Schiet, daß ich gestorben bin.“ Von dem Kaliber waren die also. Nur, Frau Miegels waren ernst gemeint.)

JEDENFALLS:
Trotz aller Vorurteile, die ich da habe, hat mir dieses Buch gefallen.
Die Vorurteile sind dergestalt, daß ich da aufhorche und immer den Beigeschmack des ewig gestrigen empfinde. Des: "Ach, du lieb Heimatland" und "Hätten wir das nur wieder." und ähnliches. Sowas kann ich nicht ab.
Komischerweise ist das hier aber nicht der Fall. Es handelt sich um nette kleine Geschichten aus dem Alltag vor etwa 80 bis 100 Jahren, schätzungsweise. Aufm Land, im Dorf, in der Universitätsstadt Königsberg (heute Kaliningrad, PL).

Harmlose kleine Anekdötchen von einfachen Leuten und solchen, die dachten, sie seien "besser"; vom besoffenen Nachtwächter, den sie in die Nachbarsstadt schleppten, ohne daß er es merkte. Von der Medizin des Schäfers, um die sich nach seinem Tod alle schlugen (und was dann wirklich darin war)...
Begebenheiten, die so oder ähnlich auch in jeder anderen Ecke Deutschlands stattgefunden haben könnten. Mich persönlich stören die eingestreuten Gedichte (vielleicht, weil sie mich so fatal an Agnes Miegel erinnern), aber die Geschichtchen sind ganz neckisch. Sie erinnern mich ein bißchen an "So zärtlich war Suleyken" von Siegfried Lenz, oder an manche Geschichten von Ustinov, wenn er mit liebevollem Blick gewisse Eigenarten seiner Mitmenschen skizziert.

Erwartet keine Sozialkritik. Ist nich‘. Aber wenn Ihr mal gar keine Lust auf schräges, anspruchsvolles oder trendiges habt, sondern auf heile Welt...

Erschienen im
Selbstverlag Ruth Geede
PF 61 01 43
22421 Hamburg
ISBN 3-7921-0614-0

Zurück zur Übersicht "G"

Rezensiert 11.08.2000
© Claudia Heldt. Zuletzt aktualisiert: 11.08.2000